Search

Wahlpannen-Kommission wirft Berliner Senat schwere Versäumnisse vor - Kritik auch von der Opposition - rbb24

Kritik auch von der Opposition - Wahlpannen-Kommission wirft Berliner Senat schwere Versäumnisse vor

Mi 06.07.22 | 14:10 Uhr

Bundesweit haben die Berliner Wahlpannen im September 2021 Aufsehen erregt. Am Mittwoch präsentierte eine eigens zur Aufarbeitung eingesetzte Kommission ihre Ergebnisse – und sparte dabei nicht mit Kritik am seinerzeit amtierenden Senat.

Die Vertreter der 21-köpfigen Expertenkommission zu den Berliner Wahlpannen haben am Mittwoch ungewöhnlich offen Kritik am damals zuständigen Senat und vor allem an der Innenverwaltung geübt. Diese habe die Aufsicht bei Wahlen und hätte viele der Probleme antizipieren müssen, hieß es bei der Vorstellung des Abschlussberichts des Gremiums.

So sei zum Beispiel früh klar gewesen, dass die Zahl der Wahlkabinen in vielen Wahllokalen zu gering sein würde, was zu Warteschlangen führte. Außerdem sei schon lange vor der Wahl im September 2021 aufgefallen, dass Wahlbezirke zum Teil falsche Stimmzettel erhalten hatten. Auch darauf sei jedoch nicht angemessen reagiert worden, so die Kommission. Am Wahltag habe sich dieser Fehler dann in vielen Wahllokalen wiederholt.

Kommission fordert stärkere Landeswahlleitung

Die Expertenkommission fordert nun umfassende Reformen, wie der rbb bereits am Dienstag berichtet hat. Künftig müsse die Vorbereitung von Wahlen berlinweit einheitlich organisiert und dazu unter anderem die Landeswahlleitung in ihren Kompetenzen gestärkt werden, heißt es in dem am Mittwoch in Berlin vorgestellten Bericht. Die aufgetretenen Probleme wie lange Wartezeiten vor den Wahllokalen, fehlende Wahlzettel und eine zu geringe Anzahl von Wahlkabinen seien rückblickend die Folge vermeidbarer Fehler gewesen.

Die amtierende Landeswahlleiterin Ulrike Rockmann sprach am Mittwoch von "wertvollen Vorschlägen" der Kommission. Das jetzige Verfahren sei verbesserungswürdig, sagte sie am Mittwoch im rbb24 Inforadio. Die Experten hätten gut herausgearbeitet, "dass ein Stück rechtlicher Rahmen" fehle. Allerdings habe es ihrer Meinung nach eine gute Zusammenarbeit zwischen Landeswahlleitung und Bezirken gegeben. Das von der Kommission geforderte Weisungsrecht gegenüber den Bezirken sehe sie kritisch, sie setze weiter auf eine konstruktive Kooperation und Gespräche.

CDU und FDP attackieren Ex-Innensenator

Auch die Berliner Opposition übt scharfe Kritik am damaligen Senat und am 2021 zuständigen Innensenator Andreas Geisel (SPD). "Fast alle Probleme waren hausgemacht und vorhersehbar", sagte CDU-Generalsekretär Stefan Evers, und schloss sich damit dem fast wortgleichen Fazit der Kommission an. "Umso schlimmer, dass die SPD und der seinerzeit zuständige Innensenator bis heute jede Verantwortung für das Wahlchaos von sich weisen."

Nun sei Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) in der Pflicht, die Vorschläge der Kommission umzusetzen, so Evers. "Das Organisationsversagen des Senats darf sich niemals wiederholen."

Kritik kommt auch von der FDP. "Die Wahlen in Berlin waren eine Blamage für die ganze Stadt", sagte ihr Sprecher für Verwaltungsmodernisierung, Roman-Francesco Rogat. Er unterstützte die zentrale Forderung der Kommission nach einer stärkeren Landeswahlleitung. Für die unmittelbare und schnelle Umsetzung der Kommissionsvorschläge sei nun vor allem Innensenatorin Iris Spranger (SPD), Geisels Amtsnachfolgerin, verantwortlich.

Spranger begrüßt Forderungen der Kommission

Derweil unterstützt die amtierende Innensenatorin Iris Spranger (SPD) den Vorschlag der Kommision für die Einrichtung eines neuen Landeswahlamtes. Die unabhängige Kommission habe lange und gut gearbeitet, sagte Spranger am Mittwoch dem rbb. Sie werde den mehr als 60 Seiten starken Bericht nun prüfen, teile aber schon jetzt die Ansicht, dass ein zentrales Landeswahlamt notwendig sei.

"Wir brauchen einheitliche Strukturen", sagte Spranger. Das neue Amt soll vor allem der Landeswahlleitung helfen: Diese muss, so die Expertenkommission, in Zukunft mehr durchgriffs- und Kontrollbefugnisse gegenüber den Bezirken haben. Spranger kündigte an, das Abgeordnetenhaus nach der Sommerpause informieren und in Gespräche eintreten zu wollen. Für viele Vorschläge der Kommission müssen die aktuellen Wahlgesetze geändert werden.

Der rechtspolitische Sprecher der Linken, Sebastian Schlüsselburg, kündigte bereits an, dass die rot-grün-rote Koalition einen entsprechenden Gesetzentwurf ausarbeiten werde. "Der Bericht verdeutlicht, dass Berlin dringend ein Update für die Organisation, Standardisierung und bei den rechtlichen Grundlagen für zukünftige Wahlen benötigt", so Schlüsselburg.

Ende September fällt Entscheidung über Neuwahlen

Die vom Berliner Senat beauftragte unabhängige Kommission bestand aus rund 20 Fachleuten. Sie sollten die Vorgänge am Wahltag, dem 26. September 2021, analysieren und Verbesserungsvorschläge erarbeiten. An diesem Tag fanden in Berlin Bundestags-, Abgeordnetenhaus- und Bezirkswahlen sowie die Abstimmung über den sogenannten Enteignungsvolksentscheid statt. Zudem gab es umfangreiche Verkehrsbeeinträchtigungen durch eine Sportgroßveranstaltung, den Berlin-Marathon.

Ende September will der Berliner Verfassungsgerichtshof über zahlreiche Einsprüche gegen die Wahlen verhandeln. Dann fällt die Entscheidung, ob die Abgeordnetenhauswahl in Teilen oder komplett wiederholt werden muss.

Sendung: rbb24 Inforadio, 6. Juli 2022, 13 Uhr

Adblock test (Why?)

Artikel von & Weiterlesen ( Wahlpannen-Kommission wirft Berliner Senat schwere Versäumnisse vor - Kritik auch von der Opposition - rbb24 )
https://ift.tt/8HI7ezs
Deutschland

Bagikan Berita Ini

0 Response to "Wahlpannen-Kommission wirft Berliner Senat schwere Versäumnisse vor - Kritik auch von der Opposition - rbb24"

Post a Comment

Powered by Blogger.