Querdenken mobilisiert Tausende + Blockaden, Polizeiketten durchbrochen, Angriff auf Gewerkschafter + Straße des 17. Juni und Alexanderplatz geräumt + Der Blog.
Julius Geiler Christoph Kluge Sebastian Leber Ingo Salmen Madlen Haarbach
Baden gegangen. Die Polizei nimmt einen Mann in der Nähe der Siegessäule fest. Foto: Fabian Sommer/dpa
Alle großen Demonstrationen von Gegnern der Corona-Maßnahmen hat die Berliner Polizei für dieses Wochenende verboten. Die Querdenker mobilisieren trotzdem. Tausende zogen durch Berlin, die Polizei war im Großeinsatz. Am Sonntagabend beruhigte sich das Geschehen. (Mehr im Newsblog ).
Die Ereignisse des Sonntags im Überblick:
Tausende Querdenker ziehen in mehreren nicht angemeldeten Protestzügen durch die Stadt.
Immer wieder Rangeleien: Straße des 17. Juni und Alexanderplatz geräumt, Polizei schneidet Weg ab, fast 600 Festnahmen.
Geschlagen und getreten: Verdi-Gewerkschafter vom Fahrrad gezerrt und angegriffen.
Please click
Activate to see the social media posts.
Learn more about our data protection policy on this
page
Lesen Sie hier die Zusammenfassung eines - das muss man so sagen - über weite Strecken chaotischen Tages.
So weit also unsere Live-Berichterstattung von diesem ereignisreichen Demo-Wochenende. Am Montag wird dazu sicherlich noch einiges nachzubereiten sein. Das finden Sie dann natürlich auch wieder auf Tagesspiegel.de . Wir bedanken uns für Ihr Interesse und freuen uns auf Ihre Wiederkehr. Gute Nacht!
Journalisten-Gewerkschaft verurteilt Angriff auf Geschäftsführer
Der Bundesverband der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in Verdi hat auf den Angriff auf seinen Berliner Landesgeschäftsführer Jörg Reichelt reagiert und die "brutale Attacke" verurteilt. "Wir sind zutiefst bestürzt" , teilte die Bundesgeschäftsführerin Monique Hofmann am Sonntagabend mit. Reichelt habe "seit dem vergangenen Jahr unter großem persönlichen Einsatz die Kundgebungen der sogenannten Querdenker beobachtet" und sei dabei für Journalistinnen und Journalisten sowie die Pressefreiheit eingetreten.
"Wir werden alles daran setzen, dass die Täter schnell ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden", kündigte die Gewerkschafterin an. Reichel sei bereits seit Monaten von Personen aus der Querdenken-Szene diffamiert und bedroht worden, erklärte Hofmann. Sein Name und Foto kursierten in einschlägigen Telegram-Kanälen. "Jörg hat sich davon nicht einschüchtern lassen und weitergemacht. Er hat zahllose Journalistinnen und Journalisten, die von diesen Demos berichten, unterstützt und sich dafür eingesetzt, dass sie sicher arbeiten können." Für dieses Engagement sei er nun "offenbar gezielt angegriffen worden" . Hofmann verband mit ihrer Stellungnahme auch Genesungswünsche für Reichelt.
Der Gewerkschafter war am Nachmittag von Unbekannten aus einer der Querdenken-Demos vom Fahrrad gezerrt, geschlagen und getreten worden und hatte sich zur Behandlung in ein Krankenhaus begeben.
Querdenker-Picknick im Lustgarten
Ausklang im Lustgarten: Querdenker am Sonntagabend. Bild: Christoph M. Kluge
Im Lustgarten vor dem Berliner Dom auf der Museumsinsel haben sich etwa 300 Querdenker versammelt, um den aus ihrer Sicht erfolgreichen Tag ausklingen zu lassen. Der Initiator Michael Ballweg war vorhin hier, ist aber bereits verschwunden. Er sauste auf einem E-Scooter davon.
Die Stimmung ist entspannt, fast wie bei einem Picknick. Einige Leute trinken Bier, manche haben sich Essen mitgebracht. Andere fotografieren sich gegenseitig vor den historischen Bauten. Videostreamer interviewen noch schnell ein paar Teilnehmende. Der Berliner Verschwörungsfreund und DJ "Captain Future" unterhält sich mit anderen Aktivist:innen.
Ein Mann spielt "Rebel Yell" von Billy Idol auf der Wandergitarre und singt auch. Allerdings beherrscht er nur den Refrain . Den wiederholt er dafür immer wieder, so laut er kann... "More, More, More!"
Die Polizei ist mit einem massiven Aufgebot vor Ort, hält sich aber zurück. Am Himmel ziehen dunkle Wolken auf. Es sieht nach Regen aus.
Düstere Wolken über der Museumsinsel. Bild: Christoph M. Kluge
Polizei stoppt Querdenker, die wieder auf den Alex wollen
Polizei stoppt Querdenker am Alex. Bild: Christoph M. Kluge
Versprengte Querdenker-Gruppen wollten sich offenbar erneut auf dem Alexanderplatz treffen. Doch die Bereitschaftspolizei sperrte den Platz ab und trieb sie auseinander . Sirenen sind zu hören. Die Polizei zeigt nun Präsenz. Inzwischen ist allerdings etwas Ruhe in die Situation gekommen. Die Querdenker stehen in kleinen Gruppen herum und reden. Nicht wenige haben ein Bier in der Hand.
Relative Ruhe am Alexanderplatz. Bild: Christoph M. Kluge
Die Proteste sollen morgen weiter gehen
Auf Youtube, Dlive und Telegram beklagen sich Verschwörungsgläubige über das Verhalten der Polizei. Der rechte Youtuber Ignaz Bearth beschimpft Polizisten als "feige, kleine Ratten" und "brutale Psychopaten", die jedoch schon bald, nach dem Umsturz, vom Volk gerichtet würden. Bearth verspricht: "Wir werden keinen vergessen."
Viele der Verschwörungsgläubigen werden heute Abend nicht wieder abreisen. Querdenker haben eine ganze "Woche der Proteste" angekündigt. Konkrete Aktionen sind noch nicht bekannt - abgesehen von einer geplanten Demonstration von Coronaleugnern und -verharmlosern am Mittwoch durch den Tiergarten unter dem Motto "Sommer der Freiheit".
Polizei spricht inzwischen von fast 600 Festnahmen
Soeben sagte Polizeisprecher Thilo Cablitz in der "Abendschau" des rbb, inzwischen komme man auf fast 600 Festnahmen bei den verbotenen Querdenken-Protesten an diesem Sonntag. Dazu zählen zahlreiche vorübergehende Freiheitsbeschränkungen zur Feststellung von Personalien.
Erneute Gewalt auf Alexanderplatz
Auf dem Alexanderplatz haben Corona-Verharmloser erfolglos versucht, Festnahmen durch die Polizei zu unterbinden. Mehrere Polizisten wurden geschubst und zu Boden gerungen . Die versuchte Gefangenenbefreiung scheiterte jedoch.
Regen schafft Fakten am Alexanderplatz
Sehen Sie hier unseren Reporter Julius Geiler im Video mit den jüngsten Eindrücken vom Alexanderplatz. Der Regen vertreibt die Leute, den Rest regelt die Polizei mit Kontrollen.
Zweite Durchsage auf dem Alexanderplatz
Die Polizei fordert die Demonstranten auf dem Alexanderplatz erneut auf, sich umgehend zu entfernen. Es handele sich um eine verbotene Veranstaltung. In diesem Moment setzt ein Platzregen ein .
Kontakte zwischen Querdenken und Reichsbürgern
Auf dem Alexanerplatz muss sich der Verschwörungsideologe Markus Haintz dafür rechtfertigen, dass er sich im November 2020 nicht von einem Treffen von Querdenkern mit den Reichsbürgern der Gruppe "Königreich Deutschland" distanziert hat. Er selbst war bei diesem Treffen anwesend, sagt jedoch, er habe vorab nichts von der Art des Treffens gewusst. Markus Haintz räumt ein, seine fehlende Distanzierung sei ein Fehler gewesen.
Zurück im Westen: Autokorso am Theodor-Heuss-Platz
Der Theodor-Heuss-Platz in Charlottenburg-Wilmersdorf. Bild: Christoph M. Kluge
Ein Autokorso der Querdenker fährt am Theodor-Heuss-Platz vorbei. Am U-Bahnhof stehen ehemalige Demo-Teilnehmende, die offenbar auf dem Heimweg sind.
Sie winken den bunt dekorierten Autos zu. Eine Frau ruft hingegen: "Buh!"
Am Vormittag hatte ein Korso diese Strecke nicht passieren können, weil eine unangemeldete Kundgebung der Querdenker die Reichsstraße blockierte. Ähnliche Autokorsos gegen die Corona-Maßnahmen finden auch unabhängig von Demos regelmäßig in Berlin statt.
Eine der zentralen Figuren dabei ist der Schlagersänger Björn Banane , der auch heute aufgerufen hatte. Der Berliner Alleinunterhalter heißt eigentlich Björn Winter. Vor der Corona-Pandemie war er im Bananenkostüm bei Schlagerpartys aufgetreten.
2019 konnte Winter mit Liedern wie “Mallorca - Wir schaffen das” oder “Biergit” kleinere Erfolge feiern. Doch die Pandemie beendete seine Schlagerkarriere, bevor sie begonnen hatte . Seither sorgt er bei Corona-Protesten für Stimmung, und hat dort eine neue Fangemeinde gefunden.
Irgendwie klappt das nicht mit der Verschwörung
Eine neue Verfassung für Deutschland, Zwangsimpfungen mithilfe der Bundeswehr, der Beginn der Weltdiktatur: Die lautesten Propheten aus dem Querdenker-Milieu erzählen viel , wenn der Tag lang ist. Unser Kollege Sebastian Leber hat sich alles angehört und hier mal die absurdesten Vorhersagen zusammengetragen. Spoiler: Sie traten alle nicht ein.
Zwischenbilanz: Querdenker wirken orientierungslos - 500 Festnahmen
Die Proteste in Kreuzberg haben sich inzwischen zerstreut, dafür nimmt die Menge am Alexanderplatz zu. Eine szenebekannte Aktivistin verkündet auf Youtube, es sei ein Fehler gewesen, die Menschen morgens "acht Kilometer weit in die Pampa zu schicken", so weit vom Regierungsviertel entfernt. Sie stört sich auch daran, dass Teilnehmer neben ihr zum Lied "Looking For Freedom" tanzen.
Der Autokorso , der am Olympiastadion starten und dann ins Zentrum ziehen sollte, wurde offenbar bereits nach einem Kilometer Wegstrecke gestoppt .
Bis zum späten Nachmittag hat die Polizei heute laut Sprecher "rund 500 Festnahmen und vorübergehende Festnahmen" durchgeführt. Alle Brennpunkte zusammengerechnet, hält die Polizei eine Teilnehmerzahl von 5000 Personen für realistisch . Mehrfach wurden Polizeiketten durchbrochen.
Der Verschwörungsideologe Markus Haintz regt sich am Alexanderplatz darüber auf, dass die Polizei Hunde mitgebracht hat. Die Masken- und Abstandgebote werden, wie schon den ganzen Tag über, auch hier systematisch missachtet.
Brutaler Angriff auf Verdi-Gewerkschafter
Der Berliner Landesgeschäftsführer der Deutschen Journalisten - und Journalistinnenunion in Verdi, Jörg Reichel, ist nach Tagesspiegel-Informationen Opfer einer brutalen Attacke aus Reihen einer der illegalen „Querdenken“-Demonstrationen geworden. An der Köthener Straße, Ecke Bernburger Straße in Kreuzberg wurde Reichel übereinstimmenden Berichten zufolge an der Spitze einer nicht genehmigten Demonstration von mehreren Personen, die den Aufzug zuvor offenbar koordinierten, vom Fahrrad gezerrt.
Anschließend wurde er geschlagen und getreten , gleichzeitig wurde versucht, ihm das Handy abzunehmen. Nur durch das Eingreifen von Passanten ließen die Täter von Reichel ab. Der Verdi-Gewerkschaftler erlitt Verletzungen an der Schulter und den Beinen und befindet sich aktuell im Krankenhaus .
Proteste am Alexanderplatz
Nun gibt es auch Sprechchöre auf dem Alexanderplatz, Polizisten werden zunehmend von Demonstranten körperlich bedrängt und verhöhnt. Beobachter gehen von bisher etwa 200 Coronaverharmlosern aus. Weitere sind angeblich auf dem Weg. Die Polizei ist mit mehreren Mannschaftswagen vor Ort.
Ist für heute die Luft raus?
Es scheint, als hätten die Proteste jetzt deutlich an Dynamik verloren. Am Bahnhof Gleisdreieck stehen sich mehrere hundert Coronaverharmloser die Beine in den Bauch , warten darauf, dass jemand die Richtung vorgibt. In der Kreuzberger Blücherstraße wurden mehrere Gruppen von der Polizei auseinander getrieben, zum Teil gekesselt. Einige verbreiten das Gerücht, am Alexanderplatz sei ein neuer Treffpunkt für weitere Proteste, und machen sich auf den Weg.
Weitere Beiträge
Adblock test (Why?)
Artikel von & Weiterlesen ( Fast 600 Festnahmen bei Querdenker-Demos – Regen hilft Polizei - Tagesspiegel )
https://ift.tt/3C6mEOr
Deutschland
Bagikan Berita Ini
0 Response to "Fast 600 Festnahmen bei Querdenker-Demos – Regen hilft Polizei - Tagesspiegel"
Post a Comment