Sommer-Talk bei „hart aber fair“ | Lauterbach: Pandemie hat gerade erst begonnen!
Nach 14 Monaten im Corona-Tunnel endlich wieder Licht. „hart aber fair“-Talkmaster Frank Plasberg hofft und bangt: „Der Sommer wird gut: Aber gilt das schon für alle?“
Die Gäste
Prof. Karl Lauterbach (58, SPD). Der unermüdliche Wandercharismatiker mahnt: „Draußen ist vieles möglich, in Innenräumen nicht!“
Christiane Woopen (58). Die Medizinethikerin fordert, „dass negativ Getestete dieselben Freiheiten bekommen sollten wie Genesene und Geimpfte.“
Cornelia Poletto (49). Die Fernsehköchin will „endlich wieder aufmachen, und zwar richtig, nicht nur mit zwei Bänken vor der Tür!“
Ute Dallmeier (61). Die Reiseexpertin hat einst für ihre Doktorarbeit viel Zeit auf einer indischen Kaffeeplantage verbracht.
Natalia Bachmayer (53). Die ARD-Journalistin aus Madrid rühmt: „Auch wenn die Spanier in der vierten Welle stecken, ihre Lebensfreude lassen sie sich nicht nehmen!“
Anna Mayr (27). Die „Zeit“-Redakteurin heizt den Generationenkonflikt an: Es sei „unverhältnismäßig, dass die Älteren Normalität fordern, während Junge noch lange auf Impfungen warten müssen.“
Lauterbach und die Frauen! Was bedeutet das für das Zoff-o-Meter?
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Kürzeste Freude
Als Aufgalopp zitiert Plasberg den „männlichen Gast in dieser Runde“ mit der optimistischen Einschätzung seit langem: „Ich glaube, die große Zeit der Pandemie ist vorbei!“ hat der Gesundheitspolitiker erklärt.
Doch Lauterbach wäre nicht Lauterbach, würde er nicht sofort Wasser in den eigenen Wein gießen: „Das gilt, wenn überhaupt, nur für Deutschland“, schränkt er gleich wieder ein. „Wenn man die ganze Welt betrachtet, dann ist gerade der Beginn der Pandemie überwunden!“
Unterschiedlichste Erwartungen
„Weltweit werden die Zahlen lange Zeit noch hoch sein“, kündigt Lauterbach dazu an. Denn: „Fünf Milliarden Menschen werden Ende des Jahres noch nicht geimpft sein.“
Aber: „Ich Deutschland selbst ist die Kombination, dass wir jetzt sehr schnell impfen und dass die Fallzahlen runtergehen, eine sehr glückliche Kombination. Wir werden daher im Sommer ein sehr überschaubares Infektionsgeschehen haben.“
Erfreulichste Ankündigung
Das gelte, so der Experte, „wenn wir nicht unvorsichtig werden und uns an die Regel halten: So viel wie möglich draußen und so wenig wie möglich drinnen.“
Dann, verspricht Lauterbach, „wird das ein Sommer, wo wir wirklich die Schrecken der Pandemie weitestgehend hinter uns lassen können!“
Eigenste Ansicht
„Mir kommt das Ganze so ein bisschen surreal vor“, mosert die „Zeit“-Journalistin. „Ich glaube, dass die Debatte um Urlaub gerade einen Tacken daran vorbeigeht, was die Bevölkerung sich eigentlich wünscht!“
Sie freue sich ebenfalls darauf, mal wieder im Biergarten zu sitzen, fügt die Journalistin hinzu, aber das sei „nicht das, worüber wir sprechen müssten“. Ihr Vorschlag: Lassen Sie uns doch über niedrige Inzidenzen reden!“
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Ärgerlichster Nasenstüber
Doch Plasberg will sich sein Thema nicht kaputt reden lassen und schaltet in den Mimosen-Modus: „Also, Frau Mayr, Sie bleiben im Sommer zu Hause, fahren nicht weg, Sie bleiben schön zu Hause und halten weitere fünf Monate durch!“
„Das ist wirklich der Bauchmensch Mayr“, rechtfertigt sich die Journalistin. „Ich habe kein gutes Gefühl dabei, zu sehen, wie Menschen nicht gut darin sind, Gefahren abzuschätzen.“ Hm. Die doofen Menschen!
Interessanteste Infos
Köchin Poletto hat ein wenig bekanntes Problem: „Es fängt schon damit an, dass wir gar keine Ware bekommen“, sagt sie über kurzfristige Öffnungen. „Wasser, Getränke, Fisch, Fleisch, das ist alles nicht so schnell verfügbar!“
Ethikerin Woopen hat klare Vorstellungen: „Der Sommer kann so funktionieren, dass jeder ein anderes Ticket bekommt, auf dem er dann die gleichen Freiheiten leben kann: Die vollständig geimpft sind, dann die genesen sind, aber da sind die Kriterien noch nicht sehr glücklich“.
Elegantestes Geplänkel
Weiter kommt sie nicht, denn Plasberg unterbricht sie mitten im Satz: „Wie sollten die Kriterien denn sein, Herr Lauterbach?“ fragt er. „Was sagt der Mediziner?“
„Der bin ich auch!“, sagt Woopen pikiert.
„Für mich sind Sie natürlich die europäische Ethikrat-Päpstin“, schwurbelt Plasberg und schlägt vor: „Sie gucken bisschen aus der Loge drauf, während er noch unten im Kohlenkeller arbeitet.“
Das aber passt jetzt Lauterbach nicht: „Ladys first!“, ruft er der Ethikerin etwas gönnerhaft zu.
„Da bin ich mal gespannt, ob Herr Lauterbach tatsächlich eine endgültige Antwort darauf hat“, kontert ihn Woopen aus.
„Aha!“, macht Plasberg.
Und Woopen macht den Sack zu: „Denn ich glaube, die Wissenschaft ist noch nicht so weit.“ Ui!
Kernsatz des Abends
Aus Madrid wird ARD-Korrespondentin Bachmayr zugeschaltet. „Debatten wie Jung gegen Alt, geimpft oder genesen, mit PCR-Test oder nicht, die finden hier wenig bis überhaupt nicht statt“, meldet sie fröhlich.
Ihre Kollegen hätten dazu gesagt: „Gibt’s bei uns überhaupt nicht. Hauptsache, Oma ist in Sicherheit!“
Unwillkommenste Erklärung
„Es ist so, dass hier der Zusammenhalt zwischen den Generationen sehr stark ist“, erläutert die ARD-Frau, „und es einem jungen Menschen nicht in den Sinn kommen würde, seiner Großmutter, um die er vor ein paar Monaten noch gebangt hat, die Impfung nicht zu gönnen.“
Rumms! Die „Zeit“-Journalistin guckt betreten auf den Monitor mit der munteren Kollegin.
Und Bachmayr setzt noch einen drauf: „Als die Wirtschaftskrise war“, berichtet sie, „haben hier alte Menschen ihre Kinder und Enkel mit der Rente durchgeschleift, sie teilweise wieder bei sich zu Hause aufgenommen“.
Dringlichste Warnung
„Um Ostern herum hat die Bevölkerung der Wissenschaft ganz klar mehr zugetraut als der Politik und sich sehr vernünftig verhalten“, lobt Lauterbach.
Aber: „Wenn wir jetzt noch eine gefährliche Mutation wie die indische über England nach Deutschland bekämen“, fürchtet der Experte, „dann würden damit noch im Herbst zu kämpfen haben.“
Ehrenvollste Erklärung
„Sie müssen Ihren Wahlkreis gewinnen, sonst sind Sie nicht mehr im Bundestag, weil Ihre SPD sie nicht auf der Liste abgesichert hat“, sagt Plasberg zu Lauterbach. „Glauben Sie, dass Ihr Image als oberster Corona-Mahner dieses Landes günstig ist für Sie oder dass es Ihnen schadet?“
„Ich habe nie darüber nachgedacht“, antwortet Lauterbach. „Ich bin zum Teil Mahner gewesen, aber ich habe auch immer versucht, Lösungen zu bringen. Wenn ich für diese Haltung abgewählt würde, dann gäbe es schlimmerer Gründe, für die man abgewählt würde.“ Lieber scheitern als schweigen. Respekt!
Politischstes Argument
Plasberg fragt nach dem Impfneid. „Eine Bevölkerung, in der das Ungerechtigkeitsempfinden hoch ist, handelt weniger moralisch“, doziert die „Zeit“-Journalistin prompt. „Wie soll ich den Teenagern erklären, dass sie Masken tragen müssen, während bei Frau Poletto die Leute ohne Maske sitzen dürfen?“
„Ich finde es spannend, dass es grade so einen Wettbewerb gibt im Gönnen“, fügt sie hinzu. „Ich gönne es meiner persönlichen Oma auch total, aber gleichzeitig muss man die gesellschaftlichen Realitäten anerkennen, sonst verzieht man sich irgendwo ins Unpolitische.“ Amen!
Interessantester Vorwurf
Mayrs besonderer Ärger: „Es ist doch so, dass wir in Deutschland Studierende haben, die seit einem Jahr Miete für ein WG-Zimmer zahlen und nicht darin leben, weil sie wieder bei Mama zu Hause sitzen, weil die Uni zu ist.“
„Und an wen zahlen die Miete?“, empört sie sich. „Ich habe heute noch mal nachgeguckt: Das Durchschnittsalter der Vermieter in Deutschland liegt bei 58 Jahren!“
Wichtigste Auskünfte
Touri-Expertin Dallmeier steuert einen Überblick bei: Bayern zu Pfingsten offen, die Niederlande wegen hoher Inzidenz fragwürdig, Frankreich jetzt schon buchen, auf Mallorca erst 20 Prozent der Kapazität im Angebot.
Wegen der oft unsicheren Lage empfiehlt die Reise-Weise Pauschalangebote: besserer Schutz, leichteres Storno.
Schlüssigste Erklärung
Ein ARD-Einspieler kritisiert ältere Patienten, die den Impfstoff AstraZeneca ablehnen und stattdessen auf Biontech bestehen. Plasberg geht an die Decke. „Rosinenpicker!“, wütet er.
Lauterbach ist auch hier anderer Meinung: Ein staatlich verordneter Zwang zu AstraZeneca hätte zwei riesige Nachteile gehabt, erläutert er.
Denn, so der Experte: „Erstens hätten wir dann zu wenig Impfstoff für die Älteren gehabt. Und zweitens gibt es Menschen, die aufgrund fehlender oder falsch verstandener Infos glauben, AstraZeneca sei nicht so gut.“ Die würden dann lieber überhaupt nicht zum Impfen gingen. Dabei sei der Impfstoff gut: „Kein Ladenhüter!“
Schönste Pointe
Aus Spanien steuert ARD-Bachmayr einen coolen Spruch bei: „Wenn dir der Impfstoff nicht gefällt, versuch’s mal mit der Erkrankung!“
Zum Schluss will Plasberg von seinen Gästen wissen, wer mit wem zu zweit dinieren würde. Poletto wählt Lauterbach: „Wer gern guten Wein trinkt, der isst auch gern!“
Der Gesundheitspolitiker zieht trotzdem die Ethikerin vor: „Ich würde mit Frau Woopen über alte gemeinsame Zeiten an der Uni sprechen.“ Doch Poletto ist keineswegs beleidigt: „Ich würde Ihnen auch was kochen!“
Zitat des Abends
Ich kann kein Essen in verpackter Kartonage mehr sehen! Das ist einfach die Hölle! – Cornelia Poletto über ihr Takeout-Geschäft
Fazit
Entspannter Austausch mit wenig Moralnarzissmus und ganz ohne autoritäre Meinungsvielfaltkiller, der Talkmaster feuerte nur Schreckschüsse ab und Lauterbach wollte auch nicht mehr der absolute Corona-Ultra sein: Das war ein Talk der Kategorie „Eierkuchen“.
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