Mit Aussagen über den früheren Fußballnationalspieler Dennis Aogo hatte Boris Palmer Empörung ausgelöst – und ein Parteiausschlussverfahren gegen sich provoziert. Eine schnelle Entscheidung wird es aber wohl nicht geben. Das Verfahren könnte sich drei bis sechs Monate hinziehen, berichtet die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf die Grünen-Landesspitze in Stuttgart.
Am Samstag hatte der Grünen-Landesparteitag in Baden-Württemberg dafür gestimmt, das Parteiausschlussverfahren einzuleiten. 161 Delegierte votierten dafür, 44 dagegen, acht enthielten sich. Palmer selbst hatte die Delegierten in seiner Gegenrede zuvor noch aufgefordert, diesen Beschluss zu fassen. Dann habe er endlich die Gelegenheit, sich gegen »haltlose und absurde Vorwürfe« zur Wehr zu setzen, sagte er.
Zuständig für das Ausschlussverfahren wird wohl die Kreisschiedskommission in Tübingen sein. Sollte sie Palmer aus der Partei ausschließen, könnte er binnen 30 Tagen nach Bekanntgabe des schriftlichen Beschlusses das Landesschiedsgericht anrufen. Danach wäre noch eine Berufung vor dem Bundesschiedsgericht möglich.
Auslöser für den neuerlichen Eklat ist ein Rassismusvorwurf gegen Palmer. In einem Post auf dessen Facebook-Seite wird der Ex-Fußballnationalspieler Dennis Aogo beleidigt. Im Zuge der Diskussion mit Facebook-Nutzern griff Palmer ein Aogo zugeschriebenes Zitat auf und schrieb: »Der Aogo ist ein schlimmer Rassist.« Zur Begründung verwies Palmer auf einen nicht verifizierten Facebook-Kommentar, in dem ohne jeden Beleg behauptet worden war, Aogo habe für sich selbst rassistische Beleidigungen benutzt.
Parteichefin und Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock ging danach auf maximale politische Distanz zu Palmer: »Die Äußerung von Boris Palmer ist rassistisch und abstoßend«, schrieb sie bei Twitter. Sie reihe sich ein in immer neue Provokationen von ihm, die Menschen ausgrenzten und verletzten.
Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand sagte bei dem Parteitag in Stuttgart, Palmer sorge mit »inszenierten Tabubrüchen« für eine Polarisierung der öffentlichen Debatte (einen Rückblick auf Palmers Eklats lesen Sie hier). Die Zeit für ein Ausschlussverfahren sei reif, »denn das Maß ist voll«.
Tatsächlich ist es nicht der erste Vorfall dieser Art. Im April 2019 sah Palmer sich bereits mit parteiinternen Rücktrittsforderungen konfrontiert, als er eine Werbekampagne der Bahn wegen der Auswahl der Protagonisten kritisierte und schrieb: »Welche Gesellschaft soll das abbilden?«
Und im Mai 2020 hatte die Landespartei in Baden-Württemberg Palmer schon einmal den Austritt nahegelegt und ihm ein Ausschlussverfahren angedroht. Damals hatte Palmer ebenfalls mehrfach mit provokanten Äußerungen für Empörung gesorgt, unter anderem mit einem Satz zum Umgang mit Coronapatienten.
Grüne und CDU votieren für Fortsetzung ihrer Koalition
Der Fall Palmer überschattete bei dem Parteitag die Entscheidung der Grünen, die Koalition mit der CDU fortzusetzen. Auch die Christdemokraten sprachen sich auf ihrem Parteitag dafür aus. Bei der Landtagswahl im März hatten die Grünen ein historisch gutes, die CDU ein historisch schlechtes Ergebnis erreicht.
Damit kann sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Mittwoch im Landtag zum dritten Mal zum Ministerpräsidenten wählen lassen. Während es bei der CDU nur wenig Kritik gab, machten bei den Grünen vor allem die Jüngeren deutlich, dass sie der Union misstrauen. Sie hätten eine Koalition mit FDP und SPD bevorzugt.
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