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Antidiskriminierungsstelle: Deutlich mehr Anfragen wegen Rassismus | tagesschau.de - tagesschau.de

Stand: 11.05.2021 15:14 Uhr

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat im vergangenen Jahr 6383 Beratungsanfragen erhalten - ein Plus von 78 Prozent. Die Corona-Pandemie wirkte dabei als Brandbeschleuniger.

Von Georg Schwarte, ARD-Hauptstadtstudio

Es ist ein trauriger Rekord: Nie zuvor gab es mehr Beratungsanfragen an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. 6383 waren es im Jahr 2020. Ein Plus von über 78 Prozent.

Georg Schwarte
Georg Schwarte ARD-Hauptstadtstudio

Bernhard Franke, der kommissarische Leiter, stellt deshalb klar: Es seien nicht die diskriminierten Minderheiten, die durch ihre Klagen diese Gesellschaft spalten: "Gespalten wäre eine Gesellschaft, die Diskriminierung nicht benennen und lieber unter den Teppich kehren möchte. Die Minderheiten als Störenfriede versteht und sie zum Schweigen drängt."

Die Corona-Krise ist ein Treiber der Fallzahlen, ein Brandbeschleuniger der Diskriminierung. Allein 1904 Beratungsanfragen drehten sich um die Pandemie.

Mehr Anfragen auch wegen Corona

Laut Franke sind es Fälle wie dieser: "Eine junge aus China stammende Frau wird von einem Arbeitskollegen gemobbt. Per WhatsApp schickt er ihr Hassnachrichten. Sie sei unhygienisch und für Corona verantwortlich."

41 Prozent aller Anfragen betrafen Menschen mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten, sagt Franke. Häufig ging es um das Thema Maskenpflicht. Um Behinderte, die Geschäfte nicht betreten duften, obschon sie per Attest nachgewiesen keine Masken tragen konnten.

"Corona hat also einen deutlichen Anteil daran, dass es im Vorjahr zu einem so deutlichen Beratungsanstieg kam", so Franke. Ein Zuwachs, der dafür sorgte, dass 2020 die telefonische Beratung wegen zu großer Nachfragen eingestellt werden musste.

Ein Drittel aller Anfragen mit Rassismus-Bezug

Die Antidiskriminierungsstelle bietet eine kostenlose rechtliche Erstberatung. Viele Menschen hätten ein Recht auf Schadenersatz oder Entschädigung. Dass die Beratung nur noch schriftlich erfolgte, sei ein Manko, das aber ab Juli behoben sein werde, sagt Franke.

Dann gibt es sogar wieder mehr telefonische Beratungsmöglichkeiten als zuvor. Bitter nötig, denn die Klagefristen im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz seien mit zwei Monaten viel zu kurz: "Das heißt, wenn innerhalb dieser Fristen ein Anspruch nicht geltend gemacht wird, dann geht er - wie Juristen sagen - unter."

Traurige Realität ist auch, dass in 33 Prozent aller Fälle Rassismus, die Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft, der Anlass war, Rat und Hilfe zu suchen: "Im Jahr des Terrors von Hanau, der Black-Lives-Matter-Proteste und der breiten Rassismusdebatte in Deutschland gab es hier mit 2101 Anfragen einen Anstieg um 79 Prozent gegenüber dem Vorjahr."

Bewusstsein für Diskriminierung gestiegen

Hauptgründe für den drastischen Anstieg aller Fallzahlen sind demnach eine wahrnehmbare Verrohung der Sprache und des Umgangs miteinander - auch Pandemiebedingt.

Aber noch einen weiteren Grund nennt der Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes: "Wir beobachten grundsätzlich ein gestiegenes gesellschaftliches Bewusstsein für Diskriminierung. Es gibt einen wacheren Blick für Ungleichbehandlung."

Franke, der nach der Bundestagswahl altersbedingt ausscheidet, hat am Ende noch eine Bitte. Seit 2018 leitet er die Stelle nur kommissarisch. Er hoffe jetzt, dass die nächste Bundesregierung die Antidiskriminierungsstelle nicht so "stiefmütterlich" behandele, wie es die große Koalition getan habe.   

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