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Ein Jahr Angriff auf Synagoge: Halle gedenkt der Opfer - tagesschau.de

Ein Jahr nach den dem Angriff auf eine Synagoge in Halle finden dort heute mehrere Gedenkfeiern statt. Die zerstörte Tür der Synagoge wurde vor Kurzem ausgewechselt, aber die Folgen des Attentats sind bis heute zu spüren.

Von Angela Tesch, ARD-Hauptstadtstudio

Eine Minute nach zwölf soll in Halle heute das öffentliche Leben stillstehen, alle Kirchenglocken der Saalestadt werden geläutet. Es ist der Zeitpunkt, an dem vor einem Jahr der erste Schuss auf die Tür der Synagoge fällt. Sein Ziel, Juden zu töten, hat der Attentäter nicht erreicht. Er erschießt zwei nichtjüdische Passanten und verletzte weitere.

Heute wird es mehrere Gedenkveranstaltungen und Begegnungen geben. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der am 9. Oktober 2019 sehr schnell nach Halle kam, wird wieder in der Stadt sein. Auch die Hallenser Bundestagsabgeordnete der Linken, Petra Sitte, hat sich im Bundestag entschuldigt. Sie will in Halle dabei sein. Das brauche sie für ihre politische Arbeit, aber auch für ihre Seele. Vor einem Jahr hat sie Flyer beim Wahlkampf um das Hallenser Rathaus verteilt, als die Nachricht vom Anschlag kam. In der Stadt könne sich heute jeder daran erinnern, wo er an diesem Tag war. "Das hat sich tief in die Seele der Stadt eingegraben."

Die alte Tür in der Synagoge ist erst vor kurzem ausgewechselt worden. Sie hat am Tag des Anschlags verhindert, dass der Attentäter in das Gebäude eindringen und Juden erschießen konnte, an ihrem höchsten Feiertag, Jom Kippur.

Zentralratspräsident: "Deutschland ist unser Zuhause"

Halle sei eine Zäsur, sagt Josef Schuster, der Präsident des Zentralrates der Juden. Immer wieder gebe es Angriffe auf Juden, wie jüngst vor einer Synagoge in Hamburg. Ein jüdischer Student wird schwer verletzt. Das habe auch die Polizei, die anders als damals in Halle zum Schutz anwesend war, nicht verhindern können. "Das alles führt uns eindringlich vor Augen, wie fragil unser Leben ist", sagt Josef Schuster. Eine Beklommenheit sei zurückgeblieben. "Dennoch, die ganz große Mehrheit der Juden in Deutschland sieht ihre Zukunft weiterhin hier. Wir zweifeln nicht daran, dass Deutschland unser Zuhause ist.

Ein Vertrauensvorschuss, an den Schuster Erwartungen knüpft. Es sei höchste Zeit, in der Bevölkerung Berührungsängste und Vorurteile gegenüber Juden abzubauen, sagt er bei einer Pressekonferenz in Berlin. In der Ausbildung bei Polizei und Justiz sollten Gedenkstättenbesuche zur Pflicht werden. Die Sicherheitsbehörden fordert der Präsident des Zentralrates der Juden auf, antisemitische und rechte Hetze im Netz konsequent zu verfolgen.

Reform bei Sicherheitsbehörden lässt auf sich warten

Bundesinnenminister Horst Seehofer von der CSU erklärt, dass ihn der Anschlag von Halle noch heute beschäme. Zeige er doch, dass der Antisemitismus in Deutschland nicht überwunden ist. Die einzige Antwort darauf müsse die Bekämpfung jeglicher Form von Antisemitismus sein.

Als Seehofer vor einem Jahr nach Halle kommt, ruft ihm ein junger Mann zu: "Ihr könnt uns nicht schützen". Die jüdischen Mitbürger - nicht nur in Halle - wollen wissen, ob den Worten jetzt auch Taten folgen. Seehofer kündigt eine Neuorganisation von BKA und Bundesverfassungsschutz an und eine stärkere Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden der Länder. Eine Reform lässt noch auf sich warten. Das Waffenrecht wird verschärft. Ein Gesetz zur Bekämpfung von Hass im Netz auf den Weg gebracht.

20 Millionen für Sicherheit von jüdischen Einrichtungen

Im September schließt der Bund eine Vereinbarung mit dem Zentralrat der Juden ab, damit die bauliche und sicherheitstechnische Ausstattung von Synagogen und jüdischen Einrichtungen verbessert werden kann. 20 Millionen Euro sind dafür vorgesehen. Geld, dass jetzt die Gemeinden schnell erreichen müsse, fordert der religionspolitische Sprecher der FDP-Bundestagfraktion, Benjamin Strasser. Er nennt die Bilanz von Seehofer ein Jahr nach Halle mager.

Für die Linke Petra Sitte sind nicht nur innen- und sicherheitspolitische Fragen wichtig. Antisemitismus und Rechtsextremismus ist ein gesellschaftspolitisches Problem, sagt Sitte. Mehr Geld und Ressourcen müssten in Projekte und Initiativen gesteckt werden, die aufklären und rechten Hetzern entgegentreten. Das vom Bund geförderte Projekt "Demokratie leben" sei jetzt zwar längerfristig auf vier Jahre angelegt und finanziert. Aber dafür habe im und außerhalb des Bundestages hart gekämpft werden müssen.

Zentralratspräsident: "Attentäter hat kein Recht behalten"

Dass sich das Engagement lohne, sehe man in Halle. Sitte erzählt, dass die Identitäre Bewegung aus ihrem Haus in Halle ausgezogen sei. Das hätten die nicht gemacht, "weil sie ihre Miete nicht mehr bezahlen können, sondern weil sie hier keinen Resonanzraum gefunden haben, weil es eine aktive Bürgerinitiative gibt."

Wenn aus einem echten Tiefpunkt, und das sei der 9.Oktober gewesen, etwas Positives erwächst, sagt Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, dann sei das eine klare Antwort, dass derjenige, der jüdisches Leben zerstören wollte, in Halle und darüber hinaus nicht Recht behalten hat.

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