Vor einem Monat begann das Drama. Im Internet. Es ist noch immer nicht beendet, hat das Image Mexikos aber schon jetzt nachhaltig beschädigt. Seit etwa vier Wochen gibt es Probleme mit der Plattform VisitMexico.com, dem Herzstück der mexikanischen Tourismus-Werbung.
Wer Ende Juli auf der Website unterwegs sein wollte, wurde enttäuscht. Statt Reisetipps und Postkartenstränden war nur eine Fehlermeldung zu sehen: „Aussetzung wegen Nichtzahlung“ zeigte die Website drei Tage lang an.
Hatte da ein Behörden-Praktikant geschludert? Eher nicht. Der mexikanische Hosting-Provider Tecnocen kommentierte nämlich kühl, dass neun Monate Service nicht bezahlt worden seien. Man habe das verantwortliche Ministerium informiert, 20 Tage Schonfrist gegeben, trotzdem trudelten die Pesos nicht ein.
Die Erklärung der Regierung kam so skurril daher wie das Ereignis selbst: Ein „Hackerangriff“ sei das gewesen, gar eine „Entführung“ der Website. Schuld waren also irgendwelche anonymen Mächte im Digitalen.
Regierung in Mexiko spricht von einem Hackerangriff
Doch es kam noch besser. Nachdem der Provider die Seite für 15 Tage reaktivierte, war sie übersät mit Übersetzungsfehlern. Der Bundesstaat Guerrero etwa wurde als „Warrior“ angezeigt, Nuevo León als „New Lion“, das Bade-Paradies Tulum als „Jumpsuit“. Und Tampico wurde als Hauptstadt des nördlichen Bundesstaates Tamaulipas vorgestellt, dabei ist Ciudad Victoria die Provinzkapitale.
Alles Teil des Hackerangriffs, behauptete die Regierung weiter und erstattete Anzeige, gegen wen auch immer. Ex-Präsident Felipe Calderón wütete auf Twitter: „Hört damit auf, Mexiko lächerlich zu machen!“ Die fehlergespickte Seite wurde stillgelegt – eine neue Version ist bis heute nicht online.
Tourismus ist für Mexiko elementar. Das Land kam vor Corona unter die Top Ten der meistbesuchten Länder der Erde. Die Laune war gut, die Branche wuchs, die Wirtschaft freute sich.
Der politische Analyst Guillermo Sesma kommentierte im TV-Sender „Televisa“ das Geschehen: „Wir sind eine Weltmacht des Tourismus. Aber durch Missmanagement und mangelhafte Promotion wird Mexiko Stück für Stück im internationalen Ranking abrutschen.“
Ein umstrittener Werbespot – nicht nur wegen Corona
Es wäre nicht Mexiko, würde man nicht noch einen draufsetzen. Die Experten des Tourismusministeriums entschieden sich für den PR-Frontalangriff. Mitten in der Pandemie gaben sie einen Werbespot für den berühmten Badeort Acapulco in Auftrag.
Jung und frisch sollte das Ganze rüberkommen, man wollte vor allem Mexikaner ansprechen, denn ausländische Touristen gibt es weiterhin so gut wie nicht. Das Video „Mom, I’m in Acapulco“ sorgte aber für einen Shitstorm in Medien und auf Twitter.
Gezeigt wurde nur attraktives, auffallend weißes Partyvolk in Pools und Villen, ohne Sicherheitsabstand, ohne Mundschutz. Von Acapulco, der schönen Landschaft oder nicht weißen Mexikanern hingegen keine Spur. Das Ministerium wies die Kritik prompt zurück, man habe das ja nicht produziert, das sei Angelegenheit des Bundesstaates.
Wir sehen: Mexiko tut sich gerade etwas schwer. Das gilt leider auch für die offizielle Tourismus-Website. Die Reaktivierung war zunächst für den 20. August angekündigt worden, wurde inzwischen aber klammheimlich auf den 25. August verlegt. Sind bestimmt wieder diese Hacker schuld.
Dieser Text ist aus WELT AM SONNTAG. Wir liefern sie Ihnen gerne regelmäßig nach Hause.
August 24, 2020 at 09:05AM
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Tourismus-Website: Wie sich Mexiko im Internet blamiert - WELT
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